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Trekking zu den Pao Dörfern



Sonntag/Montag, 11/12.2.2013
Gestern sind wir in 6 Stunden Autofahrt von Bagan nach Khalaw übergesetzt. Besucher, die kein vitales Interesse am Wandern haben, sollten diesen Ort mangels Sehenswürdigkeiten meiden. Er liegt auf 1300 m Höhe in den Shan Bergen. Gerne wird das Örtchen als Sommerfrische der kolonialen Briten bemüht, die Villen im Tudorstil hinterlassen haben. Das war jedoch vor über 60 Jahren, und seit damals hat sich vieles verändert. 

Heute präsentiert sich der Ort um den zentralen Marktplatz, der eingefasst wird von kleineren Cafés, Garküchen und Shops, zahlreichen billigen Unterkünften, Guesthouses und einem Kloster. Dies alles hat sich an der befahrenen Durchgangsstraße ausgerichtet, über die sich Schwerlast LKWs ihren Weg vom Fuß des Gebirges bahnen und dabei tief schwarzeAbgaswolken hinter sich herziehen. 


Kalaw ist Ausgangspunkt für Trekkingtouren zum Inle Lake.Die Ankündigungen sind verlockend, denn sie versprechen eine Übernachtung in einem Pao Dorf. Das ruft natürlich bestimmte Bilder hervor und weckt fotografische Begehrlichkeiten nach Authentizität.

Am Morgen treffen wir unseren Guide. zu unserer Überraschung ist es eine Guidesse, eine quirlige kurze Gestalt mit immensem Redefluss. Sie gehört zu einer Gruppe von weiblichen Trekking Guides, die als Freelancer arbeiten, sicherlich ungewöhnlich in diesem Land. 

Ein Auto setzt uns nach 40 Minuten Fahrt an einem kleinen Kloster mit unserer Ausrüstung ab. Der Weg ist bequem, unterbrochen nur von kurzen steilen Anstiegen. Ich merke die ungewohnte Höhe und muss unweigerlich mein Tempo drosseln. Die aufkommende Hitze ist enorm. Dankenswerterweise kühlt uns ein leichtes Lüftchen. Wir wandern durch abgeerntete Reis- und Chillifelder. Jeder Schritt wirbelt eine Wolke Staub auf. Schuhe und Hosen sind bereits nach einer halben Stunde mit einer dicken Schicht wunderbar roten Staubes belegt. Hier, zwischen den Hügeln scheint jeder Zentimeter Boden genutzt. Es sind überwiegend Reisterrassen in den Senken und Chillifelder auf den Kuppen. Wir durchqueren Bambuswälder und kleinere Dörfer. Unser Guide nennt sie „Städte“ bei einer geschätzten Bevölkerung von 500 Einwohnern. Sie erklärt auch, dass die Bewohner niemals ihr Dorf verlassen würden. Über Generationen hinweg bleiben sie ihrer Gemeinschaft treu. Nur Frauen, die nach „auswärts“ heiraten, verlassen das Dorf, die Männer bleiben. Sie leben von dem wenigen, was sie erwirtschaften undauf dem Markt in Kalaw verkaufen können. Es ist nicht viel.


Uns begegnen die Menschen mit Scheu und Neugier. Noch vor wenigen Jahren, erklärt uns unser Guide, wären die Menschen weggelaufen, da ihnen die helle Hautfarbe der Fremden unbekannt war. Mit dem zunehmenden Trekkingaufkommen hätten sie jedoch ihre Scheu verloren. Dies gilt umso mehr je weiter wir laufen. Die Dörfer verändern sich geringfügig, und bald überwiegen Häuser aus einem Holz- oder Bambusrahmen mit Bambusmatten als Wandund allenfalls noch Wellblech als Dach. Wir begegnen 2 Pao Frauen, die man an ihrer schwarzen Kleidung und den roten Kopftüchern erkennt. Sie reden mit unserem Guide und begleiten uns dann bis zum nächsten Dorf. Wir verstehen nicht, was sie sagen, vielleicht sind es die Neuigkeiten aus ihrem Heimatdorf.

Nach knapp 4 Stunden erreichen wir unseren Rastplatz, ein typisches Dorf, wie wir es schon vorher gesehen haben. Vor unserem Haus ist eine große Plane ausgelegt. Darauf dreschen 3 junge Frauen unablässig auf Säcke ein. Sie sind mit getrockneten Maiskolben gefüllt. Das Dreschen trennt die Maiskörner heraus, ein Knochenjob. Eine weitere schüttet dann den Inhalt der Säcke in ein Sieb und trennt die losen Körner von dem Kolben. VerbleibendeMaiskörner werden dann nochmals per Hand ausgeschält. 

Der alte Herr des Hausessitzt am Rande des Geschehens und flechtet einen Korb aus Bambusfasern. Die Großmutter passt mit ihrer Tochter auf den Säugling auf und der Sohn schnitzt Dornen für den hölzernen Pflug. Ich zähle 3 Generationen, die hier gemeinsam den Hof betreiben – bei uns ein ausgelaufenes Modell. 

Das Haus ist zweigeschossig. In den unteren beiden Räumen lagert säckeweise Ingwer. Darüberbefindet sich ein großer Gemeinschaftsraum, in dessen Mitte ein flacher runder Tischauf ausgelegten Bambusmatten steht. Es gibt einen kleinen Schrein mit kleinem Buddha und alte Postkarten mit Ansichten der Shwedagon- und anderen Pagoden. Daneben sehe ich noch einen schlichten „Schminktisch“ mit Spiegel, auf dem ein Mörser für das Anmachen der gelben Haut- und Sonnenschutzcreme steht. Hiervon gehen das „Schlafzimmer“ zur einen Seite und die Küche auf der anderen Seite ab. 

Die Kochstelle ist ein Quadrat aus einer Erdschicht, auf der das Feuer brennt. Darüber schwebt an einem Tripod aufgehängt die Herdplatte. Auch hier ist die weitere Einrichtung spärlich. Ich sehe kein Vorratsgefäß, Gewürzregal oder Kochuntensilien, Um die Feuerstelle sind Matten ausgelegt, auf der sich die Familie zum Essen trifft.
 Meet the Gastgroßeltern!


Unser Guide hat bereits mit dem Kochen begonnen. Es gibt„Fried rice“ mit Huhn. Ich frage mich, ob der Begriff „Kühlkette“ eine Bedeutung hat? Wir warten die Mittagshitze bis 14.00 noch ab, bevor wir weiterlaufen. Der Weg wird steiler, die Landwirtschaft weniger. Weidende Rindersehen wir häufiger und Hirten mit Orange leuchtenden Kopftüchern. Ich habe den Eindruck, dass wir direkt in die Berge laufen. 

Wir überqueren Bachläufe, über die als Brücke drei oder vier Bambusrohre gelegt werden. Dann, nach 3 ½ weiteren Stunden Laufens durch die Gluthitze kommen wir im Pao Dorf an. Auch hier hat der Tourismus erst vor einem Jahr mit der Idee der „Homestays“ Einzug gehalten. Es sollen beide Seiten profitieren. Das Dorf scheint etwas größer zu sein.  Es unterscheidet sich nicht wesentlich von dem vorherigen, nur das die „Minorität“ eine andere ist. 

Unser„Hotel für die Nacht“ ist ein Bambushaus. Auffallend ist, dass kein Wort oder Geste einer Begrüßung erbracht wird. Die Familie geht ihrer Tätigkeit nach, eine jüngere Tochter schaut leer und mustert uns unverhohlen. Sorry, stören wir? Unser Guide setzt sich sofort ab. Keine weitere Vorstellung vorgesehen. Sie wolle das Essen vorbereiten. Leider ist die Küche im Erdgeschoss. Das Feuer brennt und dichte Rauchschwaden dringen aus allen Ritzen in den oberen „Aufenthaltsraum“. Uns stinkt es. Wir müssen unweigerlich auf die schmaleVeranda ausweichen. Leider finden sich hier keine Sitzmöglichkeiten und im Hof auch nicht. Also stehen wir herum. 

Home, sweet home...

... for one night to remember: Schlaf- und Wohnzimmer

Die Aussicht fällt auf die Dächer der umliegenden Häuser.Hühner gackern, ein Hahn kräht, Schweine grunzen, Kinder lachen. Ein Postkartenidyll. Unser Guide weist uns schnell in die Waschmöglichkeiten ein. Aus einem Brunnen können wir mit einer Plastikschale Wasser schöpfen und dannüber die Hände gießen… Für weitere Körperpflege nach einem heißen Tag fehlt leider weiteres Verständnis. 

Wir beide hoffen, um das Erlebnis WC drum rum zukommen. Die Pao Dixi Version besteht aus einem Wellblechverschlag mit einem niedrigen Einstieg, an dem man sich unweigerlich den Kopf stößt. Beugt man sich jedoch tiefer, steigt mir der stechende Fäkalgeruch aus dem Sickerloch empor. Details möchte ich an dieser Stelle nicht weiter ausführen…

Wir fühlten uns unwohl, wie Geister. Die Nacht zog auf. Der „Aufenthaltsraum“ fiel ins tiefste Dunkel. Lediglich eine LED Funzel beleuchtete mühsam den runden Tisch, auf dem unser Guide das Abendessen auftischte. Ich denke, dass sie für die Familie mitgekocht hat. Es gab Curry mit Huhn, Bohnensuppe, Tomaten. und grüne Bohnensalat etc. Mir stand beim Angesicht des Essens der Globus schon im Halse. Ich hielt mich an die Erdnüsse in Palmenzucker.

Zum Schlafen mussten eine dünne Schaumstoffmatratze und eine dicke Vliesdecke herhalten. Wir rollten uns in unsere Baumwollschlafsäcke, die wir bis über die Ohren zogen, um den Kontakt mit den ranzig anmutenden Decken zu vermeiden. Wie ich auch lag, tat irgendein Körperteil weh. Hüftknochen, Brustkorb, Nacken. Es war eine bequeme Lagerung nicht zu finden.Bis 23.30 dröhnte aus Lautsprechern Musik, kamen Leute mit plärrendenTransistorradios den Weg entlang oder unterhielten sich noch lautstark. Dannwar es still.

Seit über 3 Stunden wälzte ich mich hin und her.In mir stieg ein ungutes Gefühl aus Sodbrennen und Magendruck empor. Danndurchschnitten Unterleibskrämpfe den Bauch. Jetzt war es nur noch eine Frageder Zeit. Im Dunkeln tastete ich nach meiner Hose, der Taschenlampe und machtemich schleunigst auf zum Ort des größten Ekels...

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